40 Jahre Volksabstimmung gegen das AKW Zwentendorf Zeitzeuge Stefan Kastner aus Traismauer berichtet.
Am Montag dem 5. November 1978, also genau heute vor vierzig Jahren, kam es zur denkwürdigen Abstimmung gegen die Inbetriebnahme des Atomkraftwerkes Zwentendorf. 50,47 % der abgegebenen Stimmen waren für ein aus des AKW im Tullnerfeld.
Wir wollen kurz zurückblicken auf diese Zeit und die Zeit der Errichtung der Kraftwerksanlage. Diesmal nicht aus Sicht der Aktivisten, sondern aus der Sicht eines leitenden Angestellten der Kraftwerks Union AG (KWU) von Siemens.
Herr Stefan Kastner, damals 24 Jahre, begann seine Arbeit am 1. Jänner 1974. Er war zuständig, alle angelieferten Kraftwerkskomponenten zu übernehmen, zu verzollen und dann, nach einer Zwischenlagerung, den jeweiligen Bereichen zuzuweisen. Als junger Mann für die KWU Siemens Kraftwerkerichter Leiter des Lagers der Komponenten zu sein, hieß auch sich gegen die deutschen Bauleiter, Ingenieure oder Akademiker durchzusetzen. Diese deutschen „Gastarbeiter“ übten natürlich Druck auf den jungen Mann aus um als Erster abgefertigt zu werden.
Die Baustelle glich einem Ameisenhaufen. Neben der Kraftwerkserrichterfirma waren auch viele Subfirmen im Einsatz, die Nebengebäude, Außenanlagen und vieles mehr gleichzeitig errichteten.
Mit der Fortdauer der Baustelle gingen auch die Hänseleien der Deutschen und der Österreicher auf der Baustelle weiter. Als am 21. Juni 1978 Österreich gegen die BRD, bei der Fußball WM in Córdoba, 3:2 gewann, revanchierten sich die „Ösis“. Am Tag nach dem Spiel waren schon auf der Zufahrtsstraße zur Baustelle viele Transparente und Tafeln von dem inzwischen historischen Sieg der Österreicher aufgestellt, um die deutschen Kollegen zu ärgern.
Das war auch die Zeit wo langsam klar wurde, das Werk werde nicht so ohne Weiteres in Betrieb gehen. Trotzdem startete im Sommer 1978 der sogenannte Heißtest des Kraftwerkes. Alle Systeme, die durch den Reaktor angetrieben werden sollten, wurden getestet. Dabei wurden der Reaktor, die Reaktor Umwälzpumpe, die Steuerstäbe und Systeme wie z. B. Reaktorreinigung und diverse Sicherheitsventile auf Herz und Nieren getestet. Die Energie dafür kam von einem provisorischen Elektrokessel. Der Test verlief erfolgreich. Jetzt wurde gefeiert.
Dann war klar: Es wird, eine Volksabstimmung wegen der Inbetriebnahme des AKW geben. Herr Kastner der bei der Errichterfirma KWU- Siemens angestellt war, änderte seine Meinung zum AKW und stimmte dann aus drei Gründen mit Nein:
- Die Stimmung unter den Arbeitern der Errichterfirma, nicht der Betreiberfirma GKT (Gemeinschaftskernkraftwerk Tullnerfeld), kippte. Pannen in deutschen AKWs machten die Runde und die Sinnhaftigkeit der Anlage war inzwischen zweifelhaft.
- Das Problem der Endlagerung des Atommülls ist bis heute nicht gelöst.
- Die Vermischung des politischen Überlebens von Bundeskanzler Bruno Kreisky und der Inbetriebnahme des AKW: Kreisky hatte gesagt, dass er bei einem Nein zurücktreten werde.
Der Rest ist Geschichte. Österreich stimmte gegen die zivile Nutzung der Atomkraft und somit gegen das AKW Zwentendorf. Bruno Kreisky trat nicht zurück und konnte bei den nächsten NR-Wahlen den größten Erfolg der SPÖ einfahren den diese jemals erreichte und das AKW dient heute verschiedenen Events und Schulungen von Arbeitern baugleicher AKWs in Deutschland.